La Buena Vida en Santa Fe: Die Odyssee des Orangenhändler Simon

Willkommen zurück auf unserer schönen Finca, von wo ich euch heute eine eher unangenehme Geschichte erzählen möchte. Natürlich macht es mehr Spaß von unseren Errungenschaften und Erfolgen zu berichten, doch hin und wieder läuft nicht alles so rund wie geplant. Eine der schlimmsten Geschichten war bisher sicherlich der Orangenhändler Simon mit seinem Schrott-LKW aus China.

Doch beginnen wir wie immer von vorne. So schön es hier in unserem ruhigen Bergdorf auch ist, die Möglichkeiten Geld zu verdienen sind sehr begrenzt. Neben dem Tourismus und der Landwirtschaft ist hier nicht viel los. Während wir uns mit der baldigen Eröffnung unseres Hostels bereits im Tourismussektor bewegen, wollte ich auch in der Landwirtschaft bzw. im Handel mit landwirtschaftlichen Produkten einen Versuch wagen.

Neben Kaffee, Reis und Mais werden in Santa Fe vor allem Zitrusfrüchte angebaut. Orangen, Mandarinen, Zitronen. Seit jeher konnten wir in der Erntesaison zwischen November und Mai vollkommen überladene Pickups mit bergeweise Zitrusfrüchten beobachten. Die allermeisten Produzenten sind Kleinbauern bzw. Selbstversorger und verfügen jeweils nur über eine Handvoll Bäume.

Zudem sind sie weit verstreut und oftmals sehr abgelegen. Selbstredend besitzen die meisten kein eigenes Auto und sind somit auf Zwischenhändler angewiesen. Diese kaufen die Früchte bei den lokalen Bauern und transportieren sie in die Hauptstadt, wo sie am Großmarkt verkauft werden. Die Margen für die Händler sind beachtlich, auch deshalb, weil die Ernte in Santa Fe später als in anderen Landesteilen erfolgt.

Die Ware trifft dann auf einen leeren Markt, was natürlich ein großer Vorteil ist. Mit einer einzigen Pickup Ladung lassen sich so unter guten Bedingungen viele hundert Dollar verdienen. Einen dieser Zwischenhändler kenne ich seit Jahren und ebenso lange spielte ich mit dem Gedanken, in irgendeiner Form in den Handel mit Zitrusfrüchten einzusteigen.

Da wir seit dem Unfall im September 2019 über keinen eigenen Pickup mehr verfügten, war das grundsätzlich schwierig. Und da ich gerne groß denke, musste es natürlich gleich ein 7,5 Tonner sein, den ich im Visier hatte. Eines Tages im August 2021 ging es also mit freundlicher Unterstützung von Sven und Markus ins rund 250km entfernte David, wo ich einen gebrauchten Klein-LKW der Marke JAC kaufte. Das Fahrzeug hatte keine 20.000km auf dem Buckel und war für knapp 10.000 Dollar zu haben.

Eigentlich kein schlechter Deal, der aber natürlich einen Haken hatte. Der LKW wurde vor Jahren von der Bank beschlagnahmt und stand wohl den Großteil seines Lebens irgendwo auf einem Parkplatz im Regen. Die Definition von Standschaden ist mir jetzt jedenfalls klarer als zuvor. All die Kleinigkeiten summierten sich ganz ordentlich und damit war es ja noch lange nicht getan.

Für den Transport der Früchte kaufte ich hunderte Transportkisten und löste auch die entsprechenden Papiere bei den Ämtern. Vor dem Hintergrund der damaligen Grippewelle, erschien mir die Registrierung als Händler landwirtschaftlicher Produkte sehr attraktiv. Schließlich unterlagen diese keinerlei Einschränkungen in ihrer Bewegungsfreiheit. Den passenden Führerschein musste ich natürlich auch noch haben.

Das ganze Projekt wurde außerdem begleitet von meinem Bekannten dem Obsthändler, den ich sozusagen vom Pickup-Fahrer zum LKW-Fahrer machte. Zu Erntebeginn im November war schließlich alles bereit für die erste Ladung von Zitrusfrüchten. Da der LKW natürlich nicht auf die unbefestigten Bergstraßen kann, mussten wir diese erstmal in den Bergen zusammensuchen und an einen geeigneten Übergabeort transportieren. Doch schon dieser erste Schritt war weitaus mühsamer als gedacht.

Die Früchte kauften wir bei den Kleinbauern, die diese im besten Fall unweit der Matschstraßen zu Haufen zusammentrugen. Wir kamen dann im Pickup mit Netzsäcken und Kisten und mussten die Früchte erstmal sortieren, zählen und abpacken. Hundert Stück pro Sack. Rund 350 Sack pro LKW-Ladung. Ja, das dauerte ganz schön lange.

Mit vier Mann, einem Pickup, dem Jimny und Bobby als Unterstützung, waren wir bis in die Nacht beschäftigt und bekamen den LKW nicht mal zur Hälfte voll. Eigentlich gut dachte ich mir, je mehr Ware umso mehr Profit, so die Milchmädchenrechnung. Am Nachmittag des zweiten Tages war der LKW dann schließlich voll und bereit für die Fahrt zum Großmarkt.

Sven trat die Reise zusammen mit unserem LKW-Fahrer an und sah sich die Abläufe am Großmarkt persönlich an. Unweit der gekühlten Markhallen lag der sogenannte „Zitrus-Strich“, wie er ihn liebevoll nannte. Ein großer Parkplatz mit einem Haufen improvisierter Stände, an denen dutzende Produzenten ihre Zitrusfrüchte anboten.

Dazwischen fuhren die Großhändler und Kunden aus der Stadt mit ihren Autos durch, suchten nach der gewünschten Ware und feilschten um die Preise. Einen Pickup voller Früchte kann man dort in der Regel innerhalb von einem Tag verkaufen. Mit dem LKW dauerte das wesentlich länger und so wurde der Parkplatz zum Campingplatz.

Doch das war nicht das einzige Problem. Der LKW in der Sonne war natürlich auch kein geeigneter Lagerort für Zitrusfrüchte, sodass ein beachtlicher Teil der Ladung schlicht und einfach verdarb, ehe wir ihn verkaufen konnten. Die erste Fahrt war damit unterm Strich ein Nullsummenspiel geworden. Mit all der mühevollen Arbeit und dem unangenehmen Langzeitaufenthalt am Großmarkt, war das äußert unerfreulich.

Zudem hatte der LKW immer wieder irgendwelche mechanischen Probleme und erforderte laufend weitere Investitionen. Ich glaube wir versuchten noch drei oder vier weitere Fahrten Zitrusfrüchte, ehe wir das Ding resigniert auf den Parkplatz stellten. Unterm Strich war eigentlich alles schief gelaufen was schieflaufen konnte. Die Ernte der Früchte dauerte in der großen Menge viel zu lange, der Verkauf ebenso und obendrein war das Transportmittel vollkommen ungeeignet und in schlechtem mechanischem Zustand.

Auf dieser Basis wollte ich jedenfalls nicht noch mehr Geld verschwenden. Einen Einsatz hatte der LKW dann noch mit meinem Teakholz, wo er auch nicht wirklich zweckmäßig doch sehr nützlich war. Wir diskutierten zahlreiche andere Einsatzszenarien abseits des Zitrushandels, kamen dabei jedoch auf keinen grünen Zweig. Ein reines Transportgeschäft bringt einfach zu wenig Geld und vom Handel mit verderblicher Ware wollte ich auch lieber absehen.

Also kam der LKW aufs Kleinanzeigenportal. Nach über 8 Monaten des Wartens konnte ich ihn kürzlich für 700 Dollar unter Einstandspreis an einen Chinesen verkaufen. Kapitel geschlossen, Lektion gelernt.

In meinem naiven Denken dachte ich mir sogar noch, den Bauern höhere Preise und den Arbeitern bessere Löhne zahlen zu können, wenn wir auf der Fahrt zum Großmarkt mit dem LKW statt dem Pickup ein Vielfaches an Ware transportieren können. Weit gefehlt. Um das Ding ordentlich aufzuziehen, bräuchten wir einen Kühlraum in Santa Fe, einen Kühl-LKW und einen fixen Stand mit Personal am Großmarkt.

Das alles liegt freilich fern unserer Möglichkeiten und eigentlich auch fern meiner Absichten. Schließlich bin ich nach Panama gekommen um mich aus dem Hamsterrad auszuklinken und nicht um an anderer Stelle ein anderes Hamsterrad aufzubauen. Im Moment liegt mein Fokus wieder auf der Weiterentwicklung unseres Auswandererprojekts Paraiso in Santa Fe. Mehr dazu bald!

2 Antworten

  1. Gerhard sagt:

    Es ist nicht’s umsonst, aber die Erfahrung und das Wissen schadet keinesfalls, auch wenn ein paar $ verloren sind. Du hast es versucht, das ist schon lobenswert!

  2. Michael sagt:

    Du wirst nicht der Erste und nicht der Letzte sein der sich wegen fehlendem Know-How die Finger verbrennt. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.

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