Nach Stone Town mit Abba
29.10.2014
Als ich aufwachte lief typisch afrikanische „Sunlife Music“ an der Bar. Hat zwar immer noch was von Reggae, passte aber perfekt. Good Morning Africa, tell me how you doing? Na wie kann man denn bei dem Sound schlecht drauf sein. Obwohl ich alle Gründe dazu hatte. Schon wieder hieß es nämlich Abschied nehmen. Bei Ali und den Rastas von Sagando war ich jetzt aber sowieso schon länger als geplant, und es war höchste Zeit noch etwas Neues kennenzulernen, bevor es allzu bald wieder nach Hause gehen wird.
So marschierte ich mit Sack und Pack zum nahegelegenen Kae Zanland, wo ich Abba den Inhaber und meinen Kumpel Issa traf. Im Gepäck hatte ich noch eine fast volle, aber bereits geöffnete Flasche Konyagi. Und die musste erstmal vernichtet werden, auch wenn es erst 9 Uhr morgens war. Zu dritt war das kein Problem. Zum Abschied noch eine Zigarette geraucht mit Issa und dann zusammen mit Abba in Richtung Hauptstraße. Er wird mich nach Stone Town begleiten und mir die Gegend dort zeigen.
Wenig später saßen wir in einem Dala-Dala, dem wohl wichtigsten öffentlichen Nahverkehrsmittel in Tansania. Dasselbe Prinzip allerdings wie bei den Matatu in Kenia. Umgebaute Pick-Ups oder Minivans befördern möglichst viele Passagiere auf möglichst geringem Raum. Ohne festen Fahrplan oder Haltestellen, aber auf einer festgelegten Strecke, verkehren diese von Privatpersonen betriebenen Fahrzeuge. Wenn man einsteigen will winkt man dem Ding zu, zum Aussteigen reichen Klopfzeichen oder man drückt einen Schalter.
Zum Vergleich: Ein Taxi für dieselbe Strecke würde rund 40 Dollar kosten, die Dala-Dala Fahrt genau 1,50 Dollar. Und gratis dazu gab es das typische Afrika-Feeling, wegen dem ich ja auch hier war. Löcher und Risse in der Windschutzscheibe, keine funktionierenden Gurte, ein bunt leuchtendes Armaturenbrett und ein Fahrer der nur eines kannte: Vollgas. Wegen der vielen Zwischenstopps dauerte es dann doch rund 3 Stunden, bis wir unserem Ziel Sansibar Stadt näher kamen.
Sansibar Stadt besteht genau genommen aus zwei Teilen: Stone Town, dem historischen Stadtkern und Ng’ambo (wörtlich übersetzt „Die andere Seite“). Wegen seiner einzigartigen Architektur und Kultur wurde Stone Town bereits im Jahr 2000 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Ng’ambo ist viel größer und moderner und entwickelte sich nach der Revolution 1964 rund um Stone Town. Und genau am Übergang zwischen diesen beiden Welten wurden wir dann am Dala-Dala Busbahnhof abgeladen. Anders als Google das in der Karte unten darstellt, liefen wir kreuz und quer durch die Häuserschluchten der Altstadt, in Richtung meiner nächsten Unterkunft.
Am nordöstlichen Ende von Stone Town, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Fischmarkt, war dann schließlich das Malindi Guest House erreicht. Ich kam auf Empfehlung von Maurice und Sabina her, die hier vor ein paar Wochen zwei Nächte verbracht hatten. Schnell das Gepäck abgeladen, den Zimmerpreis ausgehandelt und los ging’s auf Stadt Tour.
Die Einwohner von Sansibar sind fast ausschließlich Muslime mit entsprechend geprägter Lebensweise. Die Kultur ist aber stark beeinflusst durch arabische, indische und andere asiatische Einflüsse. Mit dem Kolonialismus wurden auch westliche Elemente in die Kultur aufgenommen. Nirgends auf Sansibar ist das alles so gut zu sehen wie in Stone Town. Lasst euch nicht von der Werbung täuschen, denn von 1001 Nacht ist hier nicht viel zu sehen. Zumindest nicht auf den Straßen. Stellenweise erinnerte mich die Stadt ein wenig an Italien.
Große geschnitzte Holztüren, viele graue und triste Fassaden, verrostete Wellblechdächer, dazwischen Andenkenläden und Touristen in spärlicher Bekleidung. Was für manche wohl das Highlight ihres Urlaubs ist, war für mich eindeutig der Tiefpunkt. Zurück im Mainstream, angekommen in der Realität. Mit Abba als Führer war das aber prima, denn er kannte alles und jeden. Bevor er nach Michamvi gezogen war, lebte er viele Jahre in Stone Town und schon bald saßen wir auf einen Konyagi in seiner ehemaligen Stamm Bar. Das Touristenfeeling war sofort dahin und ich fühlte mich wieder mitten in Afrika.
Es war aber erst Nachmittag und so nahmen wir uns ein Taxi und fuhren zu einer der vielen Gewürzfarmen hier in der Gegend. Bei der Hakuna Matata Spice Farm angekommen, stellte sich schnell heraus dass diese eher ein Showroom als eine echte Farm war. In einem angelegten Garten wuchsen verschiedene Früchte, Gewürze und Kräuter. Der Guide hatte zu jeder Station einen auswendig gelernten Text. Wirklich interessant war das Ganze nicht. Auf meine Kritik hin meinte der Guide, die echten Felder wären viel zu groß und es wäre viel zu beschwerlich dort herzumzulaufen. Naja. Ein paar Gewürze gekauft hab ich dann trotzdem.
Am Abend, zurück in Stone Town, hab ich mich nochmal mit Abba getroffen. Wir sind zur Imbissbude mit dem besten Hühnchen der Stadt, danach noch ein wenig durch die Gassen geschlendert. Aus der alten Apotheke (Old Dispensary) hörten wir tolle Musik und machten uns sogleich auf den Weg in eines der oberen Stockwerke, das heute als Restaurant dient. Ein kühles Kilimanjaro bei Live Musik und toller Atmosphäre am Balkon. Ausblick auf den Hafen und die paar Container die dort rumstehen. Erinnerungen an meinen Arbeitgeber werden wach.
Erinnerungen die – zumindest noch für ein paar Tage – unterdrückt werden müssen. Weiter geht’s im nächsten und letzten Beitrag!